Die Frauen von Picasso

Gertraude Clemenz-Kirsch

Vor ein paar Tagen hat mir jemand, der mir sehr wichtig ist, eine Geschichte erzählt, die so schön ist, dass sie mich zu Tränen rührt. Und weil in dieser Geschichte Picasso vorkommt, und ich so gut wie nichts über diesen Menschen weiß, habe ich mir nicht nur „Surviving Picasso“ angeschaut, sondern auch durch „Die Frauen von Picasso“ mehr darüber erfahren, was Pablo für ein Mann war, und wie er seine Beziehungen zu führen pflegte. Sehr interessant – vor allem, dass ich das ausgerechnet jetzt erlebe...


„La belle“ Fernande Olivier,  „ma jolie“ Eva Gouel, Olga Khokhlova die russische Tänzerin, das Mädchen Marie-Thérèse Walter, die eigenwillige Muse Dora Maar, die Blume Françoise Gilot, die sanftmütige Jacqueline Roque. Sie alle waren Ehefrauen oder Geliebte von Pablo Ruiz Picasso. Wobei die Tatsache, ob er die Frau geheiratet hat oder nicht, keinen besonderen Unterschied gemacht zu haben scheint.

Kinder hatte er mit einer Ehefrau und zwei Geliebten, ungeniert betrogen hat er sie alle. Wobei er es selbst vielleicht gar nicht als Betrug bezeichnet hätte, für ihn war es wohl der natürliche Lauf der Dinge. Er verliebte sich in eine Frau und Begann eine Beziehung mit ihr, was ihn allerdings nicht dazu veranlasste, andere bestehende Beziehung(en) zu beenden. Zumindest nicht gleich, oft führte er ein Doppelleben – mal in dem einem Haus, mal in dem anderen Bett.

Marie-Thérèse verheimlichte er eine Zeitlang, wahrscheinlich auch, weil sie erst 17 war, als er sie kennenlernte, aber allen anderen gegenüber war er ausgesprochen offen, was seine polygamistische Veranlagung betraf. Es scheint fast so, als hätte er versucht, die Frauen mit Äußerungen wie „Du darfst dir nicht einbilden, dass ich für immer und ewig an dir hängen werde.“ oder „Glaub nur nicht, dass du mir etwas bedeutest, ich liebe meine Unabhängigkeit.“ vor sich zu warnen. Was – natürlich – nie funktioniert hat.

Und doch bin ich mir sicher, dass er all diese Frauen wirklich geliebt hat. Sie alle haben sein Schaffen beeinflusst, und an der Art, wie er sie gemalt und gezeichnet oder in seinen Skulpturen verewigt hat, sieht man, in welcher Phase der Verliebtheit er gerade steckte.

Man mag Picasso mit Fug und Recht egozentrisch nennen oder gar grausam, und es gibt bestimmt auch eine psychologische Erklärung dafür, warum er sich Frauen gegenüber mitunter so erbärmlich benommen hat. Und obwohl für mich eine Erklärung nie eine Rechtfertigung ist, und mir der Mann – wiewohl ich natürlich seinen Charme so viele Jahre nach seinem Tod fast noch spüren kann – keinesfalls sympathisch ist, hat er wahrscheinlich sein Bestes gegeben.

Ich glaube nicht daran, dass jemand schlecht ist oder böse. Auch wenn Menschen Dinge tun, für die es keine Entschuldigung gibt, glaube ich fest daran, dass jeder alles gibt, was er kann.

Und natürlich ist niemand in einer Beziehung allein. Wenn da einer ist, der quält, ist da auch immer einer, der sich quälen lässt. Nur eine einzige von Picassos Frauen – Françoise – hat sich nach vielen Jahren aus eigenem Antrieb von ihm getrennt. Was natürlich die Frage aufwirft: Was ist es, dass Frauen an Männer bindet, die ihnen nicht gut tun? Warum nimmt man nicht die Beine in die Hand, und läuft, so schnell und weit man kann? Weil man geliebt werden will, perfekt sein will? Perfekt für jemand anderen? Das ist nur alles nichts, wenn man nicht perfekt für sich selbst sein kann.

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