Triffst du Buddha, töte ihn!

Ein Selbstversuch
Andreas Altmann

Ich wollte ja nur mehr über Bücher schreiben, die mich begeistern. Diesen Vorsatz breche ich hiermit gleich einmal, denn "Triffst du Buddha, töte ihn!" hat mich zwischendurch auch total genervt. Denn fühle ich mich auf einer Seite total verstanden, ja finde mich in Altmanns Erfahrungen komplett wieder, könnte ich ihn beim Lesen der nächsten nächsten Seite schlagen, weil ich mir denke "Du hast ja gar nichts verstanden!". Tja... Hier meine Liebslingsstellen:

"Indien ist ein gigantischer Spiegel. Jeder darf hineinblicken und sich anschauen. Wer das Land im selben Zustand verlässt, wie er es betreten hat, kam schon als Leiche."

"Wie einleuchtend, dass Damen als Sprüchemacher bei den patriarchalischen Märchenerzählern nicht vorkommen. Eine reine Männerwirtschaft. Wenn uns wenigstens eine Frau erlösen würde. Das nur am Rande."

"Kurioserweise komme ich nie auf die Idee, anzunehmen, dass sie so sind, wie sie sind, weil sie dem einen oder dem anderen Glauben angehören. Den pflegen sie, in meinen Augen, als (unnötigen) Zierrat. Aber ihr gutes Herz haben sie, weil sie ein gutes Herz haben. Weil sie der Mensch sind, der sie sind. Sie handeln nicht als Christen gut, sondern als Stephanie oder Joe, nicht als Moslems, sondern als Aisha oder Bakr. Das wäre so, als verhielte sich ein 'Ungläubiger' redlich, weil er ein Ungläubiger ist. Natürlich nicht. Er handelt, weil es ihn drängt, jemandem in Not beizustehen."

"Wie oft hat man sich beim Lesen eines Textes gewünscht, der Autor hätte für immer gezögert. Andererseits, der Respekt darf nicht ausarten. Eines Tages muss der Zögling aufspringen und die Gefahr der Bruchlandung riskieren. Sonst taugt die ewige Suche nur noch als Ausrede, als Eingeständnis von Mutlosigkeit. Wer ohne Niederlage durchs Leben will, muss Staatsdiener werden."

"Im Café bestelle ich einen Cappuccino und das erste Menschenrecht: allein gelassen zu werden, unnerreichbar sein zu dürfen. Keiner zupft an mit, keiner produziert Schuldgefühle. Hier, auf diesem winzigen Erdteil, meinem Ledersessel und dem Tisch, werde ich – wie befremdlich das klingt – ein Unberührbarer."

"Nach dem Ausflug in Kofgeschwindigkeit zu Michael Jordan und dem Guru kann ich wieder meditieren. Als hätte ich mein Pensum an Auslauf erledigt, meinen Drang nach Welt und Abwechslung befriedigt."

"Terence rettete die wanhwitzige Vorstellung, dass ihn irgendein himmlisches Phantom von seinem Verbrechen freispricht. Nicht, dass er die Mutter des Opfers um Nachsicht gebeten hätte. Vom Vergebungswillen der Toten, hätte sie noch einen, gar nicht zu reden. Der 'Herr der Herrlichkeit' hat dem Messerstecher vergeben. Basta. Und seine Schuldgefühle gelöscht. Man fragt sich, was schwerer wiegt. Die bodenlose Dummheit oder die bodenlose Frechheit? Doch am erstaunlichsten: Was Gehirnwäsche alles vermag. Oder ist der Begriff in sich schon falsch? Weil nichts gewaschen werden kann, wo nichts ist?"

"Gleichzeitig werde ich melancholisch. Ich habe zu viele Leute getroffen, die diesem geradezu frevelhaften Wunsch frönten: sich zu 'verwirklichen'. Eben wirlich zu werden und nicht als Büroleiche zehntausend Bürostunden auszusitzen. Aber der Preis für ein solches Leben ist der reinste Wucher, er könnte höher nicht sein: alles geben müssen. Sonst nichts, nur alles. Und alles ist vielen zu viel."

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