Schmetterling und Taucherglocke

Jean-Dominique Bauby
(deutsch von Uli Aumüller)


Auf Flohmärkten kaufe ich normalerweise nichts, weil sich die großartigen Schnäppchen hartnäckig vor mir verstecken, oder Ramsch, für den ich spätestens einen Tag danach bereue, auch nur 50 Cent ausgegeben zu haben. Die 1 Euro 80 für „Schmetterling und Taucherglocke“ sind allerdings eine lohnende Ausgabe gewesen: nicht das beste Buch, das ich je gelesen habe, aber eine meiner denkwürdigsten Erfahrungen...



Jean-Dominique Bauby ist Chefredakteur bei der französischen Elle, 43 und Vater von zwei kleinen Kindern, als er im Dezember 1995 einen Hirnschlag erleidet. Dank moderner Reanimationstechnik überlebt er, was früher ein sicheres Todesurteil gewesen wäre, allerdings wird nur sein Geist wieder wach. Sein Körper bleibt bis auf einige wenige Funktionen leblos – tot.

Allein mithilfe des Lidschlags seines linken Auges schafft es Bauby, „Schmetterling und Taucherglocke“ – seine Biographie – zu diktieren. Ein Bericht über sein Leben vor dem Schicksalsschlag, sein Leben, eingesperrt in einem Körper, über den er nicht mehr Herr ist, und ein Bericht über seine Zukunftsträume, denn die hat er noch, obwohl es keine Aussicht auf Genesung gibt.

Was es bedeutet, an den Folgen eines Hirnschlags zu leiden, die die Medizin als Locked-in-Syndrom beschreibt, kann ich mir auch nach der Lektüre von „Schmetterling und Taucherglocke“ nicht vorstellen. Zu fern von allem mir ertragbaren kommen die Schilderungen von Bauby mir vor. Dabei erzählt er kaum über sein Leiden, jammert nicht, stellt sich – zumindest im Buch – nie die Frage warum oder warum gerade er.

Baubys Stil ist mir nicht sympathisch – zu voll von Fremdwörtern, die ich nicht verstehe, zu voll von geistreichen Metaphern und intellektuellen Anspielungen. Und doch hat mich die Schilderung seines Lebens tief bewegt. Nicht, weil er ohne einen Buchstaben sagen oder einen Finger rühren zu können ein Buch verfasst hat (natürlich auch deswegen), sondern weil er sich und sein Leben auch in dieser ausweglosesten der ausweglosen Situationen nicht aufgegeben hat. Diese Kraft trotz der Demütigung eines sich vollständig verweigernden Körpers lässt mich vor Ehrfurcht fast erstarren, und ich habe das Gefühl, Danke sagen zu müssen. Für alles.


Lieblingszitat:
„Falls er weggeht, wie es heißt, über welche aufgeblasene Null werde ich mich dann lustig machen können? Auf seine ewige Frage: „Sehen Sie doppelt?“ werde ich nicht mehr das einsame, harmlose Vergnügen haben, mich in meinem tiefsten Inneren antworten zu hören: „Ja, ich sehe zwei Arschlöcher anstelle von einem.“

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