Letzte Reise

Anna Enquist (aus dem Niederländischen von Hanni Ehlers)



Romane und Biografien über Berühmtheiten gibt es wie Sand am Meer. Heute ist nicht zuletzt durch das Internet oft auch das Leben ihrer Familienmitglieder und Freunde zur Genüge dokumentiert. „Letzte Reise“ ist eines der selteneren Werke über die Frau hinter dem erfolgreichen Mann. Die Geschichte, die Anna Enquist zwischen belegten Tatsachen spinnt, hat mich in das Leben von Elizabeth Cook blicken lassen. Und was Captain James Cooks Frau so mitgemacht hat, zieht sich stellenweise wie ein Kaugummi. Ich befürchte allerdings, so erschreckend trostlos wird ihr Dasein wohl auch gewesen sein.



Captain James Cook entdeckt im 18. Jahrhundert die Südsee und bekämpft als erster an Bord seiner Schiffe erfolgreich den Skorbut. Mit seinen aufregenden und geschichtsträchtigen Expeditionen ist er jahrelang unterwegs, kartografiert seine Entdeckungen, lernt fremde Kulturen kennen und trifft sogar Menschenfresser. Er ist in seinem Element. Meistens hat er drei oder gar vier Jahre lang keinen Kontakt zu seiner Familie.

Elizabeth Cook ist eine intelligente Frau. Sie unterstützt ihren berühmten Gatten, wo sie nur kann – sei es beim Verfassen seiner Reiseberichte oder mit Ihrer Meinung zu Diesem und Jenem. Aber hauptsächlich besteht ihr Leben aus Kinder kriegen, Kinder begraben, trauern und warten.

Es fällt mir schwer, mir eine Meinung zu Anna Enquists „Letzte Reise“ zu bilden. Auf der einen Seite habe ich die farbenprächtigen Passagen zu den Reisen James Cooks gemocht, die Einstellung von Elizabeths Mutter Mary zu Alkohol („Du solltest mehr trinken, du siehst käsig aus.“) hat mir so manches Grinsen entlockt und die Liebe Elizabeths zu ihrem Sohn Nat erzeugt auch jetzt noch angenehme Wärme in mir.

Aber dass Elizabeth die Einsamkeit schwer zu ertragen scheint, hat mich auf der anderen Seite ein bisschen ungehalten gemacht. Hätte sie eben keinen Seefahrer geheiratet! Auch dass ihre Trauer um die einzige Tochter Elly ihr Leben dominiert, sie den Tod ihrer Söhne George und Josef aber gerade mal registriert, hat mich gelinde gesagt wütend gemacht. Und dass sich die am Klappentext angekündigte Affäre auch noch als quasi nicht existent entpuppt, hat mich maßlos enttäuscht.

Vielleicht liegt es aber gar nicht an Elizabeth, sondern an der Schilderung des Lebens einer Frau im 18. Jahrhundert generell, dass mein emanzipiertes Gehirn diese heftige Reaktanz erzeugt. Gegen das Ertragen, das Erdulden und das Haushüten bin ich nun mal allergisch. Vielleicht hätte ich mich mit dem Inhalt des Romans aber stärker anfreunden können, wenn die Geschichte unmittelbarer erzählt wäre. Besser hätte mir gefallen, Elizabeths Leben aus der Ich-Perspektive erzählt zu bekommen. Dann hätte ich vielleicht mehr verstanden und eher mitgefühlt.


Lieblingszitat:
„Wenn man etwas will, wird man nur enttäuscht“, sagte sie. „Es läuft immer anders. Du trägst dich mit irgend etwas, ich sehe es dir an. So bist du immer gewesen, schon als kleines Mädchen. Du hast Pläne, du weißt, wie du es haben möchtest. Das macht dich verletzbar, Kind. Jetzt hast du die Bescherung.“

                                                     

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen