Der geheime Brief

Maria Ernestam
(aus dem Schwedischen von Gabriele Haefs)

Geschichten wie diese lassen mich an meiner platzintensiven Marotte festhalten, Bücher besitzen und ins Regal stellen zu müssen. Denn Geschichten wie in „Der geheime Brief“ sind zu wertvoll, um als Hauch von Nichts auf der Festplatte irgendeines kalten, elektronischen Gerätes zu verschwinden. Diese Gedanken und Erinnerungen, diese Liebe, Offenheit und Stärke muss auf duftendes Papier gedruckt werden, zum Berühren, Bewundern, wieder Aufschlagen, Bewahren und Weitergeben.



Als die vierzigjährige Inga aus Göteborg plötzlich ihren Mann verliert, verliert sie den Boden unter den Füßen. Um nicht am Schmerz und der Sehnsucht zugrunde zu gehen, muss sie etwas tun. Sie entschrottet den Schuppen im alten Sommerhaus auf der Insel Marstrand und findet eine alte Kiste mit Zeitungsausschnitten über die Schlacht am Skagerrak und einem Brief. Einen spannenden Brief einer gewissen Lea, 1916 as einer Mission in Afrika geschrieben an eine Geliebte daheim.

Inga macht sich auf die Suche nach dieser Lea und stößt auf ein gut gehütetes Familiengeheimnis. Sie lernt nicht nur ihre Großeltern, ihren Vater, dessen Bruder, und dadurch sich selbst besser kennen, sondern sie findet auch die Stärke in sich selbst und so zurück ins Leben.

Ich habe mich gefragt, warum dieses Buch – das auf den ersten Blick, aber nur auf den ersten (!), auch ein Rosamunde Pilcher Fernsehfilm sein könnte – mich so eingenommen hat. Es ist nicht die Sprache. Ich mag und verwende selbst gern unvollständige Sätze, aber Maria Ernestam – oder vielleicht die Übersetzerin Haefs – haben mich damit so irritiert, dass ich mich manchmal gefragt habe, ob da ein Wort zu viel in dem Satz ist. Manchmal war es das wohl auch...

Aber trotzdem muss ich „Der geheime Brief“ auch jetzt während des Schreibens immer wieder zur Hand nehmen. Es steckt so viel in dem Buch, das mir selbst in meinem Leben wichtig ist. Liebe, Geborgenheit und Sehnsucht, Mut, Kraft, Ertragen und daraus Wachsen, Offenheit und Freiheit, an der Perfektion Scheitern, nach Vorne blicken und sich auf die Zukunft freuen. Und schon wieder ein bisschen Geschichte, das ich mir jetzt bestimmt merken werde.

Lieblingszitat:
„Bald ist es so weit. Das spüre ich. Nicht wegen der Schmerzen oder weil sie etwas gesagt hätten. Eher ist es so, als ob die Zeit den Atem anhielte. Es liegt eine Zurückhaltung in der Luft, die auch die Weißkittel zu spüren scheinen, wenn sie zu mir kommen, und ich fühle mich ein wenig besser. Es ist eine alte Wahrheit, dass das Leben sich am Ende widersetzt und wir uns deshalb gesund fühlen, obwohl die Krankheit längst gewonnen hat. Als ob der Tod das Leben noch zum Nachtisch einladen will, ehe die Rechnung bezahlt werden muss.

1 Kommentar:

  1. Leserin 10 ist jetzt auch da ;)
    Gut das du bei Bücherkiste bei Facebook gepostet hast, so habe ich dich gefunden *freu*

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