Das Museum der Unschuld

Orhan Pamuk
(Aus dem Türkischen von Gerhard Meier)

Nobelpreisträger, Lobeshymnen in der Presse, da kann ja gar nichts schiefgehen. Habe ich gedacht. Tja, da sieht man mal wieder, wie man sich täuschen kann und wie verschieden Geschmäcker sind. Meint die Süddeutsche Zeitung, „Das Museum der Unschuld“ sei ein „großartiger und trauriger Liebesroman“, finde ich ihn eher nur traurig.



Kemal ist Spross einer erfolgreichen türkischen Industriellenfamilie. Er wird bald seine Freundin Sibel heiraten, die auch aus einer wohlhabenden Familie stammt und in Frankreich studiert hat. Kurz vor der Verlobung trifft Kemal Füsun, Verkäuferin in einer Damenboutique und entfernte Verwandte. Er ist von der jungen Frau fasziniert und beginnt eine Affäre. Nichts Ungewöhnliches im Istanbul der Siebzigerjahre.

Doch Kemal verliebt sich in Füsun. Und als diese nach Kemals Verlobung mit Sibel wie vom Erdboden verschluckt ist, wird der junge Mann trübsinnig und krank. Sibel weiß mittlerweile von der Affäre ihres Verlobten, will trotzdem bei ihm bleiben – was bleibt ihr in diesem Land und dieser Zeit auch anderes übrig – kann Kemal aber nicht aus seinem Schmerz und seiner Sehnsucht nach der Geliebten befreien. Schließlich verlässt sie ihn.

Was folgt sind die Suche nach Füsun, die in der Zwischenzeit wohl aus Trotz den mittellosen Feridun geheiratet hat, und acht Jahre des Wartens. Kemal besucht Füsun, die mit Mann und Eltern in einer kleinen Wohnung wohnt, mehrmals in der Woche. So versucht er, seinen Verlust zu überwinden, seiner Geliebten nah zu sein und die Chance zu wahren, irgendwann doch seine Füsun heiraten zu können.

Und Kemal entwickelt einen Tick. Ständig steckt er Dinge aus Füsuns Umfeld ein  – Zigarettenstummel, halbleere Parfumflaschen, Porzellanhunde oder Haarspangen – und bringt sie zu sich nach Hause. Aus diesen Dingen soll Jahre später in Gedenken an Füsun das Museum der Unschuld entstehen.

Eigentlich eine schöne Geschichte, aber am Ende kommt doch alles ganz anders als ich es mir 500 lange, wirklich quälend lange Seiten des Wartens erhofft habe. Ich bereue nicht, „Das Museum der Unschuld“ gelesen zu haben. Die Schilderungen des Lebens und der gesellschaftlichen Normen in einem Land und einer Zeit so anders, als ich das kenne, waren eindrucksvoll und bereichernd. Aber vom Rest bin ich leider enttäuscht.

Lieblingszitat:
„In einem Land, in dem Männer und Frauen nie richtig beisammen sein können, gibt es gar keine Liebe“, erklärte sie. „Und weißt du auch, warum? Weil die Männer, sobald sich mit irgendeiner Frau eine Gelegenheit ergibt, sich sofort wie hungrige Wölfe auf sie stürzen, egal, ob sie hübsch oder hässlich, nett oder boshaft ist. Das ist hier allgemein Usus. Und nennen tun sie das dann Liebe. Wie soll es hier denn Liebe geben? Mach dir doch nichts vor.“

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