6 Österreicher unter den ersten 5

Roman einer Entpiefkenisierung
Dirk Stermann

Es kommt ja nicht oft vor, dass mir ein Deutscher sympathischer ist als ein Österreicher. Aber bei Stermann und Grissemann fühle ich mich eindeutig mehr zur Piefke-Seite des Duos hingezogen. Viel mehr. Deshalb finde ich es auch schwer in Ordnung, wenn der deutsche Stermann uns Österreichern in seinem Roman „6 Österreicher unter den ersten 5“ ein bisserl den Spiegel vor die Nase hält.




Der autobiografische Roman beginnt, als Dirk Stermann 1987 von seiner Heimatstadt Duisburg nach Wien zieht. Und er endet damit, dass er von seiner Freundin Sophie erfährt, dass sie zum zweiten Mal Eltern werden. Dazwischen liegt keine Handlung, die man nacherzählen könnte, sondern viele Begegnungen und noch mehr schöne Episoden, die einem Deutschen in Wien halt so passieren.

Da ist Spön, dem der Schäferhund seiner Freundin aus dem Fenster im dritten Stock fällt, Frau Resch, die Würstelstandbesitzerin am Naschmarkt oder die Frau aus der Papagenogasse, die immer nach der Uhrzeit fragt. Da ist Stermanns Begegnung mit Hochparterre und Mezzanin, mit einem Taxifahrer, der so ist, wie Wiener Taxifahrer eben sind und das Fußballspiel Österreich gegen Deutschland zu Roberts vierzigstem Geburtstag. Und die Diskussion, ob man die Tochter Kina nennen kann, obwohl man in Österreich China „Kina“ ausspricht.

Obwohl ich nach wie vor finde, dass schon der Titel des Buches uns Österreicher am treffendsten beschreibt, hat es sich für mich gelohnt, Stermanns „Entpiefkenisierung“ zu lesen. Und auch jetzt, Wochen nachdem ich das Buch gelesen habe, muss ich immer noch schmunzeln, wenn ich die Seiten durchblättere und lese, wie köstlich sich Wiener über das Fäkalientrottoir aufregen können, dass die hunderttausend in Wien lebenden Hundsviecher zugschissen haben. Und jedes Mal, wenn ich durch die Papagenogasse gehe, frage ich mich, hinter welchem Fenster die Frau, die immer nach der Uhrzeit gefragt hat, gewohnt hat, bevor sie sich hamdraht hat.

Lieblingszitat(e):

„Jaja, da sieht man’s wieder“, erwiderte Robert, „ihr Deutschen habt euch viel mehr mit der Vergangenheit beschäftigt. Wir in Österreich glauben noch immer, dass Hitler ganz lieblich aus dem Mund roch. Wie ein Berchtesgadener Alpenveilchen.“
„Ich bin vom Pech begünstigt“, sagte Spön. „Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß. Weißt du, was aus Menschen wird, aus denen nie was wird? Ich.“

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